Mit gemeinsamer Werbung zu mehr Fachkräftenachwuchs
Hannah ist 16 Jahre alt und Schülerin der 10. Klasse in einer Realschule in Frankfurt am Main. Nachdem sie den Schulabschluss der mittleren Reife erlangt hat, möchte sie ein Gymnasium besuchen, damit sie nach dem Abitur Bauingenieurwesen studieren kann. Auch für den 18-jährigen Finn aus Leipzig steht fest, dass er ein Studium aufnehmen wird. Er bereitet sich gerade auf sein Fachabitur vor – im Anschluss daran will er entweder Betriebswirtschaft oder Wirtschaftsinformatik studieren.
Zwar sind Hannah und Finn fiktive Personen, doch in Bezug auf die Wahl der Berufsausbildung repräsentieren sie die Mehrheit der jungen Menschen. Einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag des Autozulieferers Continental zufolge streben 42 Prozent der Befragten im Alter von 16 bis 22 Jahren ein Studium an – nur 27 Prozent ziehen eine Berufsausbildung in Betracht[1]. Diese Umfrage spiegelt einen Trend wider, der sich seit Jahren verfestigt: Nahmen 1992 noch fast doppelt so viele Jugendliche eine berufliche Ausbildung wie ein Hochschulstudium auf, sieht es knappe drei Jahrzehnte später völlig anders aus. 2020 haben erstmals mehr junge Menschen ein Studium (490.000) als eine Berufsausbildung (460.000) begonnen[2].
Vor dem Hintergrund, dass 2035 ungefähr ein Drittel der Belegschaft in Unternehmen das Rentenalter erreicht hat, bietet diese Entwicklung Anlass zur Sorge. Um den Bedarf an Mitarbeitenden – insbesondere im nicht-akademischen Bereich – zu decken, müsste die betriebliche Ausbildung deutlich hochgefahren werden. Allerdings stagnieren die Ausbildungsaktivitäten in den Unternehmen – dies ist teilweise auch noch der Corona-Krise geschuldet. Hinzu kommen immer weniger Interessierte und heterogener werdende Profile der Bewerbenden.
Maschinen- und Anlagenbau: ein Drittel der Ausbildungsplätze unbesetzt
Wie dramatisch die Situation gerade im technischen Bereich mittlerweile ist, zeigen die Zahlen: Laut VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) sind im aktuellen Berichtsjahr, das am 01. Oktober 2021 begonnen hat, noch rund 53.000 von mehr als 80.000 angebotenen Ausbildungsplätzen in maschinenbaurelevanten Berufen unbesetzt. Daher sind die Unternehmen gefragt, die Vorzüge einer beruflichen Ausbildung deutlicher herauszustellen. Ein wesentlicher Vorteil der Ausbildung im Maschinen- und Anlagenbau besteht beispielsweise darin, dass Azubis nach ihrem Abschluss häufig in ihrem Ausbildungsbetrieb eine Anstellung finden – Unternehmen bilden fast ausschließlich für den eigenen Bedarf aus.
Zudem wissen viele junge Menschen nicht, welche Weiterbildungs- und Karrieremöglichkeiten sie nach einer beruflichen Ausbildung haben. Aus diesem Grund ist es dringend erforderlich, Informationslücken zu schließen und die Nachwuchswerbung zu intensivieren und attraktiver zu gestalten. Diesen Herausforderungen müssen sich nicht nur Unternehmen in Deutschland stellen – weltweit lässt sich beobachten, dass junge Menschen zunehmend eine akademische Ausbildung anstreben.